Rauchen ist für Menschen, die sich in einem Mietverhältnis befinden, ein komplexes Problem, das mehrere Parteien betrifft. Obgleich es durchaus vertraglich zwischen dem Vermieter und Vermieter geregelt werden kann, so steht immer noch die Frage im Raum, wie die Nachbarn darauf reagieren. Besonders wenn der Mieter für seine Sucht den Balkon der Mietwohnung nutzt. Aktuell entbrannte diesbezüglich deutschlandweit eine Diskussion darüber, ob das Rauchen auf dem Balkon rechtmäßig ist oder nicht.
Der aktuelle Fall hatte den Hintergrund, dass ein Mieter eines Mehrfamilienhauses zum Rauchen auf den Balkon ging wodurch sich die Nachbarn gestört fühlten. Ein Ehepaar, welches die Wohnung oberhalb des Mieters bewohnte, hatte vor dem Landgericht Potsdam dagegen geklagt und damit die Diskussion in Gang gebracht.
Grundsätzlich ist es gesetzlich so geregelt, dass Raucher in ihren eigenen vier Wänden ihrer Sucht nachgehen können, so oft sie dieses möchten. Diese Regelung ist jedoch nicht unumstritten und es mehrten sich sowohl Klagen von geplagten Nachbarn als auch von Vermietern, die das Rauchen in ihrem Eigentum unterbinden wollen. Vor dem Amtsgericht Düsseldorf ist derzeitig eine Klage eines Mieters anhängig, dem wegen Rauchen gekündigt wurde.
Dabei ist das öffentliche Meinungsbild zu diesem Thema eindeutig: In repräsentativen Umfragen waren 77 Prozent aller befragten Personen – unabhängig davon, ob sie selbst rauchen oder nicht – der Ansicht, dass das Rauchen in der eigenen Mietwohnung gestattet sein müsste. Lediglich 17 Prozent waren eindeutig dagegen, 16 Prozent hatten zu diesem Thema keine Meinung.
Im Fall vor dem Landgericht Potsdam hat der Beklagte Mieter jedoch nicht die eigenen vier Wände genutzt, sondern vielmehr den Balkon, wodurch sich das über ihm wohnende Ehepaar gestört sah. Sie wollten erreichen, dass der Mieter unter ihnen auf dem Balkon nicht mehr rauchen dürfe, damit sie ihrerseits den Balkon rauchfrei nutzen können, da der Zigarettenrauch ja nunmehr – den Naturgesetzen folgend – nach oben abzöge. Selbst das Lüften der eigenen Wohnung sei für das Ehepaar nur in den Raucherpausen des Mieters unter ihnen möglich.
Sicherlich ist die gesundheitliche Gefahr des Passivrauchens seit langer Zeit bekannt, jedoch kennt die Bundesrepublik Deutschland noch kein Verbot des Rauchens unter freiem Himmel. Daher forderte das Ehepaar vor Gericht, dass der Raucher unter ihnen nur noch zu bestimmten Uhrzeiten seiner Sucht nachgehen dürfe. Das Landgericht Potsdam ist bereits die zweite Instanz dieses Prozesses. Vor dem Amtsgericht Rathenow waren die Kläger bereits in der ersten Instanz gescheitert. Auch vor dem Landgericht Potsdam kam das Ehepaar mit seiner Klage nicht durch, sie wurde mit der Begründung der mangelnden Rechtsgrundlage abgelehnt, denn das Ehepaar sei nicht gehindert seinen Balkon zu nutzen. Die Balkone liegen mehrere Meter auseinander und der Rauch des rauchenden Mieters könne auch in die andere Richtung abziehen. Für alle rauchenden Mieter bedeutet dieses im Klartext: Das Rauchen auf dem Balkon ist rechtmäßig! Die Nachbarn müssen sich grundsätzlich damit abfinden, wenn ein Mieter auf seinem Balkon dem Tabakgenuss nachgeht.
Das erste Urteil steht somit fest jedoch geht die Diskussion ungemindert weiter, denn das Landgericht Potsdam ließ gegen das Urteil das Rechtsmittel der Revision zu. Die Klägerpartei kündigte bereits an, notfalls vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, um ihre Forderung durchzusetzen.
Ganz gleich, ob ein Mensch nunmehr raucht oder nicht, gegenseitige Rücksichtnahme sollte für alle eine Selbstverständlichkeit sein. Es mag für Viele traurig klingen, dass sich ein Gericht mit einer derartigen Angelegenheit befassen muss, zumal im vorliegenden Fall das simple Mittel der Kommunikation nach Angaben aller Beteiligten nicht genutzt wurde. Raucher sollten grundsätzlich Rücksicht auf Nichtraucher nehmen - schon allein aus gesundheitlichen Gründen. Immerhin erfüllt es in Deutschland den Tatbestand der Körperverletzung, wenn ein Raucher einem Nichtraucher seinen Qualm ins Gesicht pustet. Allerdings sollten Nichtraucher auch berücksichtigen, dass das Rauchen für den Raucher immerhin eine Sucht darstellt und er dieser nachgehen darf, solange er es für sich selbst als richtig erachtet.
Im vorliegenden Fall hatte der rauchende Mieter keine andere Gelegenheit als den Balkon für seinen Tabakgenuss zu nutzen. Fakt ist, dass bis zu einer endgültigen höchstrichterlichen Entscheidung das Rauchen auf dem Balkon vollkommen rechtmäßig ist und auch vom Vermieter im Rahmen des Mietvertrages nicht untersagt werden darf! Es bleibt nunmehr abzuwarten, was der Bundesgerichtshof entscheidet und ob es nicht in naher Zukunft zu dieser Thematik ein Urteil vom europäischen Gerichtshof in Brüssel geben wird.